DJ Omega

Nachfolgend will ich mal versuchen, die Entstehung der "elektronischen Tanzmusik" zu rekapitulieren und am Beispiel München näher zu beleuchten. Vorausgeschickt: Ich habe kein Diplom in Techno-Geschichte und erhebe nicht den Anspruch, alles wissenschaftlich korrekt darzulegen.

...Am Anfang war das Feuer...naja, soweit geht nun die Geschichte der elektronischen Musik wohl nicht zurück. Begonnen hat alles mit den Pionieren der elektronischen Genre-Vertreter. Diese waren (bestimmt schon mal gehört) Gruppen wie Kraftwerk oder auch Tangerine Dreams. Und aus diesen Pionieren entwickelten sich diverse Vertreter der elektronischen Zunft. Alles aber noch weit weg von dem heutigen Techno. Das ging dann in die Richtung von Depeche Mode, die in den 80-igern populär geworden sind. Und hier hat die elektronische Musik auch einen großen Boom erlebt. Dies gliederte sich dann als "Synthie-Pop", auch "Wave / New Wave" oder "Electronic Body Music". Aber auch vielen konventionellen Musikstile kamen elektronische Bausteine hinzu. Aber wo stammt denn jetzt Techno eigentlich her? Das ist nicht ganz so einfach zu beantworten. Begonnen hat das dann in den Jahren irgendwas um 1985, als es immer mehr Vertreter der rein elektronischen Zunft gab. Auch in Deutschland etablierte sich eine durchaus lebhafte Szene. Das Ganze ging viel von Frankfurt aus, schon damals einer der Köpfe war DJ Talla, damals noch unter der Formation Moskwa TV bekannt. Und in diesem Dunstkreis entwickelte sich viel. Anleihen aus Synthie-Pop, aber auch dunkle Töne wie eben Electronic Body Music (EBM). Und zu diesem Zeitpunkt hieß EBM nicht EBM, sondern TECHNO. Im gleichen Zeitraum entwickelte sich auch die Disco-Musik weiter (Italo erlebte hier einen Höhepunkt). Namens Hi Energy. Bekannte Vertreter waren u.a. Evelyn Thomas ("High Energy") oder auch Amii Stewart ("Knock on wood"). Diese dominierten schon durch sehr pumpende und betonende Beats, aber noch mit viel Melodie und Sing-Sang. Insgesamt ging aber der Disco-Szene die Ideen aus und so fanden findige DJ´s (natürlich allem voran mal wieder in London) Möglichkeiten, eigene Sounds zu basteln. In diesem Zeitalter entwickelte sich auch die Technik entsprechend, so daß dann vernünftige/brauchbare Sampler (und sonstiges elektronisches Zubehör) zu erschwinglichen Preisen auf den Markt kamen. Und aufgesetzt auf den Hi-Energy Beats wurden nun neue Sounds kreiert...ohne viel Sing-Sang, dafür die Beats noch betonter, die Hi-Hats noch schärfer und mit neuen, frischen Sounds. Allem voran entdeckten einige "durchgeknallte Vögel" (das war jetzt aber liebevoll gemeint) ein Gerät namens Roland TB 303. ACID-HOUSE war geboren. Statt viel Sing-Sang eben eher monton, stampfende Beats und ein paar gesampleten, sich oft hypnotisch wiederholende Vocals (Sprach-Fragmente, Zitate, etc.) in Begleitung unser heißgeliebten 303, die den ACID-Sound eben ausmacht. Und für damalige Verhältnisse war das relativ schnell (125-135 BpM). Und um diesen Sound kam ein ganzer Hype dazu (allem voran die Smileys, Kopftücher, entsprechende Themen-Partys). Letztendlich war der Hype (wie so oft) nur ein Trend. Hier in München konnte man Acid-House meist auf privat veranstalteten Partys hören: ETA-Halle, Neger-Halle (die hieß wirklich so), Café Wolkenkratzer sowie weitere abgefahrene Locations (Garagen, Lagerhallen, etc.). Der Trend war hier weg von den Clubs/Diskotheken, eher hin zu Lagerhallen. Hier stand dann der kollektive Tanz unter den Beats und des Stroboskop klar im Vordergrund. Pärchentanz...war verpöhnt! Wenn man so will, waren das die Vorläufer zu den Techno-Partys (Raves). Aber der Trend/Hype um Acid-House ging -leider- sehr schnell wieder vorbei. Die Musik aber blieb...im Hintergrund weiter und entwickelte sich. Themen wie Hip-House (also treibende, schnelle Beats gepaart mit Rap), Deep-House (hier haben wir den Sing-Sang wieder...), etc. Aber zum großen Hype kam es nicht mehr. Parallel gab es in München noch eine Veranstaltung, die ich auf jeden Fall erwähnen möchte: Der Musikzirkus, oder auch "Macht der Nacht". Das war so kurz nach der Acid-Zeit um das Jahr 1988-1990 (kam mehrfach nach München). Ein ausrangiertes Zirkus-Zelt wurde zur Party-Location. Und als Stamm-DJ...DJ WESTBAM!!! Damals sogar deutscher DJ-Meister. Das Zelt kampierte im Olympia-Park. Ich war bei einem der ersten Wochenenden. Toller Laden, gute Musik, abgefahrene Deko, etc. NUR: Es war fast nix los...aber es sprach sich rum. Ein paar Wochen später: Alles gleich, aber rappel-zappel-voll und wurde zum angesagtesten Event in München. Jedes Wochenende waren tausende da und feierten zu pumpenden Beats. Und unheimliche viel Szene, schrille und schöne junge Menschen. Und ich. Musikalisch war der 4-Viertel Takt (also House) dominierend mit allen Spielarten. Meist aber eher fröhlich, wenig aggressiv. Und nach der zweiten Verlängerung des Musikzirkus (das Jahr drauf) hat man in München eine gewisse Ermüdung feststellen können, die Szene blieb mehr und mehr weg, das Publikum wurde immer "normaler", die Stimmung nicht mehr das, was es mal wahr...und dann wurde es auch ruhiger in München mit der elektronischen Tanzmusik.

Die Fraktion um die härteren Töne existierte aber weiter. Allerdings nie mit Hype oder Partys. Immer in kleinen dunklen Clubs. Auch das hatte seinen Charme. Ich war selbst immer wieder auf diesen Veranstaltungen, doch leider fallen mir die Namen nicht mehr ein, wie die Clubs hießen. Zu diesem Zeitpunkt (müßte Ende 1980 Anfang 1990 sein) entwickelten die ersten DJ´s/Produzenten die ersten Kombinationen aus den o.g. House-Beats in Verbindung mit den eher dunklen/schweren Sounds des Techno. TECHNO-HOUSE war geboren. Und es gab einen riesen Streit in der Szene, wer ist besser, wer ist härter, etc. Ganze Zeitschriften widmeten sich diesem Thema. Allem voran die Frontpage, die eigentlich aus der Techno-Ecke kam, aber von Ausgabe zu Ausgabe sich mehr dem Techno-House widmete und irgendwann sich komplett von Techno lossagte. Und Techno-House wurde zum Hype, zum Massenphänomen was dann auf Partys wie Tekknozid (Berlins erste Großrave-Veranstaltung in total genial-abgefahrenen Locations), Mayday, Love-Parade etc. gipfelte. Und es kamen noch einige große Vertreter dazu (Nature One, SMS und wie sie alle heißen). In dieser Zeit entwickelte sich der Name von Techno-House einfach in Techno und der klassische Techno firmierte um in Electronic Body Music. Und wie immer: In München dauerte es mal wieder...als in Berlin und Frankfurt bereits nur noch Techno angesagt war, feierte man hier noch zum Comeback der NDW oder den späten 80-iger-Jahre Partys. Ausnahmen waren damals das -legendäre- Parkcafe (freitags, sehr schrille Gäste, exzessive Stimmung, ich meine Markus hieß der damalige DJ der zwar mixtechnisch nicht die Krönung war, aber einfach ein perfektes Händchen und Ohr für das Publikum hatte...und was er immer für Nummern rausgegraben hat!!!), das Far-Out (jaja, die berühmt-berüchtigte Bhagwan-Disco) am Samstag mit DJ Uwe (das erste mal LFO, Tricky Disco etc. lief dort!!!) und freitags/samstags das Nachtwerk (super angesagt damals, riesige Menschenschlangen davor, Sound war eigentlich bunt gemischt, aber immer wieder längere Abschnitte mit unserer geliebten elektronischen Tanzmusik...Total Confusion/Quadrophonia im Nachtwerk zu erleben...ich krieg heute noch Gänsehaut). Und nicht zu vergessen...legendär...donnerstags: Das Babalu!!!! Alle angesagten DJ´s legten dort unter der Verantwortung von Michi Kern hier auf, inkl. Sven Väth. Das war so um 1993. Aber auch das Ende des Babalu war legendär...und zwar mit Hilfe einer Razzia, die zeitgleich im P1 statt gefunden hat. Naja, diese Razzia hatte zur Folge daß ab 1 Uhr schluß sein mußte. Und das verträgt sich halt nicht mit lauter Technomusik. Und mit großer Trauer trugen wir den heiligen Donnerstag im Babalu zu Grabe. Dann ging´s halt weiter mittwochs im Pulverturm, zeitweise auch im Nachtwerk-Club. Und da ich zu dieser Zeit Zivi war und erst mittags arbeiten mußte, war das natürlich alles ein Traum für mich!

Und auch in München sprach es sich rum und irgendwann waren wir -fast- Techno-Hauptstadt. Wir hatten die Technomanias in verschiedenen Locations, wir hatten einen erneuten Musikzirkus (allerdings mit anderen Veranstaltern), die Alabama-Halle(n) und natürlich München-Riem (meiner zweiten Heimat). Und es gab eine Zeit, da gab es in München an einem Wochenende drei Groß-Raves. Legendär waren die Universe-Tribal-Gathering, 2 Years of Technomania sowie die RAVE-City (vor allem die erste). Ach ja, und wir hatten den Union-Move (die kleine Love-Parade in München). Und bei den ersten Moves ein geniales Konzept abends: Ein Eintrittspreis, alle Locations in München inclusive...mit Shuttle-Bussen. Großartig! Union-Move war natürlich nicht zu vergleichen mit Berlin oder Schweiz, aber es war dafür genauso lustig...vor allem unvergeßlich die Schlachten mit den Super-Soakers!!! Die großen Wasserpistolen...mei oh mei waren wir alle kindlich und patschnaß...aber es war soooo lustig!!!

Und dann kam, was kamen mußte...der Hype „Techno“ ging vorbei, die Razzien und Auflagen wurden immer heftiger und so gingen langsam aber sicher die Gästezahlen überall nach unten, so daß nach und nach ein Laden nach dem anderen schloß. Auch in Riem wurde irgendwann der Saft abgedreht. Das lag zwar auch an dem auslaufenden Mietvertrag und Bau der neuen Messe. Aber auch in Riem hat sich die letzten Monate eine Ermüdung eingestellt und die Anzahl der Gäste war für die großen Hallen einfach zu wenig geworden. Tja, und irgendwie war dann auf einmal Funkstille...bis auf kleine Highlights. Dann kam der Kunstpark Ost. Und für uns Techno-Freunde ein genialer Laden: Das Kraftwerk...so hieß es zumindest ganz am Anfang. Aber aufgrund einer kleinen Intervention der gleichnamigen Musik-Gruppe wurde der Name dann Heizkraftwerk umgewandelt. Am Anfang harte Türe und richtig gute Techno-Mucke haben viele großartige Abende gebracht. Lange Schlangen waren wieder angesagt. Doch auch dieser Stern verblaßte irgendwann...und der Kunstpark zog weiter. Und -Gott sei Dank- Techno ist nicht tot, auch nicht in München. Er lebt...allerdings inzwischen unter dem Synonym "Electro" in vielen kleinen lebendigen Clubs, deren Namen ich hier gar nicht aufzuzählen vermag. Ehrlich gesagt, fehlt mir hier inzwischen auch der Überblick...es ist in der Tat so: Man wächst langsam raus! Am besten, Ihr findet es selbst raus...

Insofern hoffe ich, einen kurzen, interessanten Überblick für die Geschichte des Techno in München gegeben zu haben. Das alles natürlich aus meiner subjektiven Erinnerung. Keine Garantie auf Vollständigkeit und Richtigkeit der chronologischen Reihenfolge. Aber gerne aktualisiere ich meine Review oder ergänze sie...freue mich auf Rückmeldung!

Beste Grüße

Thomas aka Omega.